Die Familie muss schon im 15. Jahrhundert in Gangelt, Kreis
Heinsberg/NRW, ansässig gewesen sein. Erstmalig werden 1530 dort ein Jan und
Lenart Kardenbinder in einer Steuerliste von 1530 mit ihren Abgabebeträgen
urkundlich erwähnt. Ob es sich dabei um zwei Brüder oder um zwei Familienzweige
handelt, lässt sich wahrscheinlich nicht mehr feststellen. Sie wohnten mit
Haus- und Grundbesitz von Feldern und Wiesen im Ort selbst. Ihre Eltern müssen
dort um 1480 geboren sein.
Der Name ist ein mittelalterlicher Handwerkername. Er war der
Binder von Kardendisteln (Weber-Karden = Dipsacus sativus), der Kardenbinder,
ein Textilberuf. Die Tuchherstellung ist neben der Flachsverarbeitung schon
seit dem 13./14. Jahrhundert im Raum Heinsberg im Rheinland, zu dem auch
Gangelt an der holländischen Grenze gehört, mit Spinnerei, Weberei und
Schneiderei nachweisbar.
Die älteste Eintragung des Familiennamens befindet sich in der
Abschrift einer Steuerliste im Stadtbuch Gangelt im dortigen Gemeindearchiv.
Der Jesuit Jacobus Kritzraedt hat Anfang des 17. Jahrh. die damaligen Urkunden
des Ortes von 1300 – 1644 gesammelt und ausgewertet. In seiner Chronik „Annales
Gangeltenses“ wurden sie dadurch bis heute bewahrt. Weitere Eintragungen finden
sich ab 1553 in den Protokollen der Kauf- und Erbbücher der Bände der Jülich
Gerichte, Amt Born und Millen, Schöffengericht Gangelt, in den Kirchenbüchern
der kath. Pfarre St. Nicolaus von 1615 bis 1770 in Gangelt/Kreis Heinsberg, im
Kirchenbuch der kath. Gemeinde St. Peter und Paul von 1654 bis 1699 in
Nastätten in Rhein-Lahn-Kreis, im Kirchenbuch der kath. Pfarrei St. Pankratius
und Bonifatius von 1652 bis 1798 in Bingen-Gaulsheim, in den kath. Kirchenbüchern
von Bingen von 1582 bis 1938 und in den ev. Kirchenbüchern Bingen von 1834 bis 1902.
Eine Seitenlinie der Familie lebte von 1715 – 1935 im Ofener
Bergland nördlich von Budapest in Ungarn. Am 11.8.1725 wird Johann Conrad
Chartonbimer als Pate im Kirchenbuch von Dorog genannt. In Csolnok wird die
Familie von 1738 bis 1895 durchgehend in den Kirchenbüchern des röm.
kath. Pfarramts genannt und von 1895 bis 1935 in den Unterlagen des Standesamts
dokumentiert. Eine 2. Seitenlinie, die jedoch um 1895 ausstarb, ist im
Bistumsarchiv Trier in den kath. Kirchenbüchern von St. Gangolf, St. Antonius,
St. Laurentius und St. Pauls zu finden. Darüber hinaus sind die Eintragungen
aus Kirchenbüchern im Archiv der Familiennamen der Mormonen in Salt Lake City,
Uthah/USA erfasst und können über das Internet eingesehen werden.
Seit 1553 lässt sich der Haus- und Grundbesitz der Familie in
Gangelt detailliert nachweisen, ebenso die Zahlungen des Kirchenzehnten ab
1576. Lenart Kardenbender war 1635 Bürgermeister der Stadt und einer von 9
Schöffen des landesherrlichen Gerichtssprengels. Mitten in Dreißigjährigen
Krieg, 1637, haben die Pfarrangehörigen Geld für eine neue 2.194 Pfund schwere
Glocke gesammelt und diese in Aachen gießen lassen. In der Widmung dieser
Glocke von St. Nicolaus war in hierarchischer Ordnung nach dem Pfalzgrafen und
Herzog, dem Amtmann, Pfarrer und Amtsschreiber auch Leonard Kardenbender mit aufgeführt.
In Gangelt gab es zu Beginn des 18. Jahrhunderts keine männlichen Namensträger
mehr, so dass die Familie dort ausgestorben ist.
Sein Sohn Paul Kardenbender ist nach dem 30-jährigen Krieg
1660/61 mit seiner gesamten Familie aus bisher ungeklärten Gründen von Gangelt
nach Nastätten in den Hintertaunus gezogen. Dort war er Hofmann (Bauer mit
einem Gutshof) und ist vermutlich dort auch mit seiner Frau verstorben. 1677
zogen 7 seiner 8 Kinder nach Gaulsheim bei Bingen weiter, wo sein 3. Sohn
Leonardus im Alter von 18-20 Jahren geheiratet hat. Aus einem
Inventarverzeichnis von 1682 geht hervor, dass ihm und seiner Frau das gesamte
Hab und Gut seiner Schwiegermutter gegen die Auflage guten Verhaltens vermacht
wurde. Dadurch erhielt er wahrscheinlich erheblichen Einfluss in der Gemeinde
und wurde schon in jungen Jahren nach erstaunlich kurzer Zeit Oberschultheiß
und freiherrlich Sickinger Hofmann in Gaulsheim.
1714, nach 37 Jahren, siedelte die Familie dann von Gaulsheim
nach Bingen über, wo sie bis 1868 wohnte. Zu diesem Zeitpunkt spaltete sich die
Familie in 3 Linien auf.
Eine 1. Seitenlinie entstand durch Johannes Conradus
Kartenbender, der um 1715 und vor 1725 nach Ungarn auswanderte und in Csolnok
zum Begründer eines 6 Generationen währenden Familienzweigs wurde. Diese
Seitenlinie starb Mitte des 20. Jahrhunderts 1935 aus.
Ab 1735 gab es dann den 2. Familienzweig in Trier. Johann
Philipp Kartenbender wurde zum Begründer von 5 Generationen mit Wohnsitz in
Trier. Diese Seitenlinie ist um 1895 in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
ebenfalls ausgestorben, als der letzte männliche Namensträger ohne Nachkommen starb.
Die beiden Brüder Johannes und Leonhardt verfügten in Bingen
über erheblichen Grundbesitz, wie aus den Lagerbüchern der Stadt von 1704 und
1721 hervorgeht. Auch Leonhardts Söhne und Enkel, Leonard und Benedikt, besaßen
Häuser und Grundstücke in Bingen, obwohl sie nur Schuhmacher waren. Dieser
Besitz ist wahrscheinlich der Grund dafür, warum es Benedikt einem seiner
Söhne, Conrad Joseph, ermöglichen konnte, zur Zeit der Besetzung des Rheinlands
durch die Franzosen, von 1796 - 1805 in Heidelberg Theologie und Medizin zu
studieren und in Bingen Wundarzt und Kreisphysikus zu werden.
Auch dessen Sohn Conrad Joseph studierte Medizin und Latein
aber in Bonn, wurde dann aber aufgrund seiner künstlerischen Neigungen lieber
Lithograph und Schreibmaterialienhändler. Er besaß eine Werkstatt in der
Schmittstraße in Bingen, die aber wegen Brandstiftung zusammen mit seinem
Wohnhaus 1867 abbrannte. Dadurch verarmte die Familie, verließ die Stadt und
zog nach Frankfurt/Main. Dort wohnte sie in der Nähe des Doms, der 1868
ebenfalls abbrannte, was die Erinnerungen an die Binger Ereignisse wachrief, so
dass er in die Nähe von Verwandten nach Offenbach/Main zog. Dort lebte die
Familie 30 Jahre lang und ist 1899 wieder nach Frankfurt/Main zurückgekehrt, wo
sie bis 1988 ihre Heimat hatte. Der Grund für diesen Umzug war der bessere
Standort für eine Handelsvertretung für Herrenoberstoffe und die größere Nähe
zu den Tuchgroßhändlern in der Stadt und später zur Konfektionsindustrie im
Raum Aschaffenburg.
Wilhelm Kartenbender betrieb dort bis 1935 eine
Handelsvertretung für Tuchfabriken von der Ruhr, aus dem Rheinland und aus
Sachsen, die seine beiden Söhne Hans und Fritz nach seinem Tod bis 1967
weiterführten. Anschließend kam die Familie aus beruflichen Gründen wieder ins
Rheinland und Ruhrgebiet, wo sie sich heute noch aufhält.
aktualisiert 22 . 3 . 2020